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Zurück in die Vergangenheit

Die Energiewende haben wir bisher immer so verstanden: Weg von den fossilen Energieträgern, weg von Kohle- und Atomstrom, hin zu erneuerbaren Energieträgern, also zum Ökostrom. Auf Vorschlag der Stadtverwaltung hat die Gemeinderatsmehrheit mit den Stimmen von CDU, Freien Wählern und Oberbürgermeister Schönberger in der letzten Gemeinderatssitzung die Energiewende rückwärts beschlossen: Weg vom Ökostrom, hin zu Kohle- und Atomstrom.

Was war zu entscheiden?

Seit 2017 bezieht die Stadt für ihre Einrichtungen Ökostrom. Da der Stromliefervertrag vom Versorger SÜWAG gekündigt worden ist, war der kommunale Strombedarf neu auszuschreiben. Drei Varianten standen zur Wahl:

  1. Konventioneller Strom
  2. Ökostrom ohne Neuanlagequote
  3. Ökostrom mit Neuanlagequote

Der Unterschied zwischen Ökostrom mit oder ohne Neuanlagequote besteht darin, dass bei Ökostrom mit Neuanlagequote z.B. ein Drittel des Stroms aus Anlagen stammt, die nicht älter als 6 Jahre sind. Dadurch wird ein Anreiz zum Bau neuer Stromerzeugungsanlagen mit erneuerbaren Energien gesetzt.

Nachdem die Stadt 2016 entschieden hatte vom konventionellen Strom auf Ökostrom ohne Neuanlagequote umzusteigen, wollten wir jetzt mit unserem Antrag auf Teilnahme an der Ausschreibung "Ökostrom mit Neuanlagequote" für die Jahre 2020 bis 2022 einen weiteren Impuls für Umwelt- und Klimaschutz und die Energiewende setzen.

Nachdem unser Antrag jedoch im Verwaltungsausschuss durchgefallen war, haben wir ihn für die Gemeinderatssitzung zurückgezogen und für den SPD-Antrag "Ökostrom ohne Neuanlagequote", gestimmt. Wenn es schon keinen weiteren Fortschritt in der Energiewende gäbe, einen Rückschritt wollten wir auf jeden Fall vermeiden. Aber leider fand auch dieser Antrag keine Mehrheit; die Mehrheit des Gemeinderats entschied sich für den Bezug von konventionellem Strom. Argumentiert wurde u.a. mit den Mehrkosten von Ökostrom (1 %!) und dass Ökostrombezug Privatsache und nicht Aufgabe der Kommune sei.

Energie- und klimapolitisches Leitbild der Stadt?

Letzteres sehen wir anders. Im Rahmen der Zertifizierung als energieeffiziente Kommune durch die Deutsche Energieagentur hatte die Stadt zuerst ein energie- und klimapolitisches Leitbild entwickelt und anschließend hat der Gemeinderat ein Energie- und Klimaschutzprogramm beschlossen. In letzterem bekennt sich die Stadt "zu ihrer öffentlichen Vorbildfunktion bei der Steigerung der Energieeffizienz und dem Einsatz erneuerbarer Energien." Weiter heißt es: "Sie setzt in ihrem Einflussbereich Maßnahmen um, die diesem Bekenntnis Glaubwürdigkeit verleihen." Zu den vorgesehenen Maßnahmen gehört auch die "Prüfung der Beschaffung von Ökostrom für kommunale Gebäude". Diese Prüfung ergab 2016 noch ein Ja zum Ökostrom. Die jetzt getroffene Entscheidung zum Ausstieg aus dem Ökostrombezug ist kein Beitrag der Stadt zur Glaubwürdigkeit in Sachen Klimaschutz.

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