Es ist noch gar nicht lange her, da mussten sich die Grünen Politiker Katrin Göring-Eckardt und Boris Palmer als Vaterlands- und Wirtschaftsstandortverräter beschimpfen lassen, weil sie statt der üblichen deutschen Dienstwagen umweltfreundlichere Hybridautos von Toyota nutzen. "Warum fahren Sie einen Japaner, Frau Vizepräsidentin", fragte Bild am Sonntag und sammelte brav Empörung ein.
Jetzt, da die Auswirkungen der weltweiten Klimaveränderung für viele Menschen erfahrbarer werden und das Problem zunehmend ernst genommen wird, hat auch Bild umgeschwenkt und wirbt für den "sauberen" Toyota Prius. In den USA ist dieser Toyota zum Verkaufsschlager geworden. Schauspieler outen sich als klimabewusste Umweltavantgarden: Julia Roberts, Cameron Diaz und Leonardo DiCaprio fahren Prius Hybrid, George Clooney gar ein emissionsfreies Elektroauto. Ex-Tagesschausprecherin und Bestsellerautorin Eva Herrmann will auch auf Hybridauto umsteigen.
Warum soll da Remseck hinterherhinken? Da können wir vorne mit dabei sein. Die Stadt plant für unseren OB einen neuen Dienstwagen zu leasen. Da bietet es sich an, auch über emissionsarme Dienstwagen nachzudenken. Als Gedankenstütze hat daher unsere Gemeinderätin Jasmine Finckh Herrn Oberbürgermeister Schlumberger bei der vorletzten Gemeinderatssitzung die Auto-Umweltliste des VCD (Verkehrsclub Deutschland) übergeben. Diese Liste sortiert und bewertet die Umweltverträglichkeit der Autos nach folgenden Kriterien:
- Verbrauch, gemessen an der Menge CO2, die pro gefahrenen Kilometer freigesetzt wird,
- Lärm,
- Menge und Art der Schadstoffe, die aus dem Auspuff kommen.
Zwei japanische Hybrid-Autos führen das Umweltranking an: der Honda Civic Hybrid und der Toyota Prius. Sie finden die Liste auch unter www.vcd.org/auli2006.html. Die deutschen Hersteller schneiden nicht gut ab. Unter den Top Ten befindet sich mit dem neu entwickelten VW Polo Blue Motion nur ein deutsches Modell. Die technischen Fortschritte bei der Antriebstechnologie werden vor allem bei deutschen Herstellern von immer mehr PS und Gewicht neutralisiert. Dabei könnten diese Fortschritte auch zur Verbrauchsminderung und zum Klimaschutz genutzt werden. Bezeichnend, dass Prof. Hubbert, Mister Mercedes, beim Neujahrsempfang der Stadt in der Hochberger Bürgerhalle in seinem Vortrag zur Globalisierung unserer Welt kein Wort zum Thema Klimaschutz und die Verantwortung der Autoindustrie fand.
Die Kohlenstoffdioxid-Emissionen haben beim Verkehr, anders als von der Autoindustrie versprochen, stark zugenommen. Vom technisch machbaren Ein-Liter-Auto sind wir kilometerweit entfernt. Dabei bräuchten wir dringend einen Imagewechsel, weg von der Erotik des Rallyestreifens hin zu intelligenten, sparsamen Autos. Warum konzentriert sich die Werbung auf die Spritfresser? Brauchen wir zum Brötchenholen Autos, mit denen man vor 20 Jahren bequem den Großen Preis von Deutschland gewonnen hätte?
Das Auto ist das Aushängeschild unseres klimafressenden Lebensstils, unser liebstes Spielzeug. Hinzu kommt Infrastruktur dafür, also Andriof-Brücke und Nord-Ost-Ring. Da wird geklotzt, nicht nur gekleckert, keine Kosten und Mühen gescheut. Das Auto ist uns was wert. Warum wird hier oft weniger auf den Euro oder Cent geschaut als bei den Nahrungsmitteln? Nicht einmal ein Tempolimit auf Autobahnen ist im Land des ehemaligen Autokanzlers durchsetzbar. Hier sind wir auf EU-Hilfe angewiesen, aus eigener Kraft scheint uns der Entzug nicht zu gelingen. Unsere Meinung: Abrüstung ist angesagt, nicht nur militärisch, auch bei den PS! Ziel könnte sein: Die PS-Zahl sollte den Intelligenzquotienten nicht übersteigen? Was meinen Sie?