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Freigemessen – Atommüll bedroht auch Remseck

Eigentlich liest es sich ganz harmlos: Die kreiseigene Deponie in Schwieberdingen war vor rund 30 Jahren als Erddeponie für unbelastete Böden eröffnet worden. Nun soll nach der Erweiterung auf Bauschutt und Asbest auch sogenannter freigemessener Atommüll aus dem Abbruch des Kernkraftwerkes Neckarwestheim I und später II dort abgelagert werden.

 

Freigemessener Atommüll? Ja, den gibt es nach dem Atomgesetz. Wenn nach Reinigung und Verdünnung mit unbelastetem Material eine gewisse Restradioaktivität unterschritten wird, dann wird der Atommüll juristisch zu Rohstoff (z.B. Stahl), Abwasser oder "gering belastetem" Bauschutt. Und genau dieser "gering belastete" Bauschutt (der natürlich weiter strahlt) soll nach Schwieberdingen und Horrheim auf die Deponien und dort für alle Ewigkeit untergemischt unter anderen Bauschutt verschwinden.

 

Nun hat die Erfahrung mit strahlendem Müll gezeigt, dass er eben nicht verschwindet, sondern eine permanente Gefahr darstellt. Gefahr deshalb, weil strahlende Partikel freigesetzt werden können. Und Bauschutt ist ja bekannt dafür, dass er staubt. Und mit diesem Staub werden die radioaktiven Teilchen weit verteilt und die Strahlenbelastung der Bevölkerung im weiten Umkreis erhöht. Mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung werden sich die strahlenden Stoffe dann auch im Sickerwasser wieder finden und Umwelt und Menschen belasten.

 

Es soll keiner glauben, dass Staub aus Schwieberdingen nicht bis nach Remseck käme! Nach den Zusatzbelastungen durch Tschernobyl und Fukushima sind weitere Strahlenbelastungen sehr kritisch zu sehen. Denn auch kleinste Dosen richten langfristig Schäden an!

 

Grundsätzlich ist laut Atomgesetz der Landkreis für die Entsorgung des "gering belasteten" Bauschutts zuständig, in dessen Gebiet das abzureißende Kernkraftwerk liegt. Da bereits freigemessener Atommüll aus Karlsruhe von der AVL unter Mithilfe des Landratsamtes heimlich in Schwieberdingen gelagert wurde, ist die Position des Landkreises bei Verhandlungen zur Ablehnung des Atommülls aus Neckarwestheim aussichtslos geworden. Das drückte sich auch in der Weigerung des Salzbergwerkes bei Heilbronn aus, den Müll einzulagern. Und das, obwohl dort laufend solch gering belasteter Bauschutt eingelagert wird.

 

Mit Verwunderung haben wir die Krokodilstränen der FDP im vorletzten Amtsblatt fließen sehen, die zusammen mit der CDU immer die Rede von der sauberen, billigen Atomkraft im Munde führte und nun hart auf den Boden der Realität des von ihr wesentlich mitgestalteten Atomgesetzes aufschlägt. Schlimmer noch, hat das Verfassungsgericht doch gerade entschieden, dass die Atomenergiekonzerne über 6 Milliarden Euro zurückbekommen aufgrund der groben handwerklichen Fehler bei der Einführung der Brennelementesteuer. Verantwortlich damals: Die Bundesregierung aus CDU und FDP.

 

Wahrscheinlich tut sich die FDP deshalb schwer, vernünftige Vorschläge für den erzwungenen Umgang mit dem freigemessenen Atommüll zu machen, denn sie kosten alle Geld:

  • Speziell ausgerüsteter Lagerbereich mit separat gehaltener Sickerwasserhaltung und Kontrolle eben dieser
  • Sicherstellung der Rückholbarkeit und lückenlose Dokumentation
  • Freimessung in 100-kg-Chargen und nicht 2000-kg-Chargen

 

Besser wäre natürlich der französische Weg: Alles, was mal Kernkraftwerk war, ist Atommüll, der nicht auf eine normale Hausmüll- oder Erddeponie gehört! Harald Röhrig

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