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Winfried Kretschmann zu Gast bei Sandra Detzer

Ministerpräsident Winfried Kretschmann sprach gestern Abend in der Musikhalle Ludwigsburg über „Zukunft der Wirtschaft“. Anschließend diskutierten er und Sandra Detzer, unsere Landesvorsitzende und Bundestagskandidatin, über die von den Gästen gestellten Fragen.

Ökologie: Geschäftsmodell der Zukunft

Winfried Kretschmann sagte, Ökologie sei „das Geschäftsmodell der Zukunft“. Ökologie und Ökonomie seien kein Widerspruch, bei beiden gehe es um gutes Haushalten: Mit den Finanzen und der Natur. Auf dem Weg zu einem klimaneutralen Baden-Württemberg sei viel Forschung, Entwicklung und dann Umsetzung in der Fläche notwendig. Daher gebe Baden-Württemberg mit jährlich 6 % des BIP mehr als jedes andere Bundesland für Forschung und Entwicklung aus. Jetzt gehe es um Innovationen und Investitionen in Batterien der nächsten Generation, die viel mehr speichern und leisten könnten als die bisherigen, um grünen Wasserstoff, autonomes Fahren, synthetische Kraftstoffe aus erneuerbaren Energiequellen oder bifokale Paneelen bei Photovoltaikanlagen, die senkrecht im Boden stehen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Durch die vertikale Ausrichtung bleiben über 90 Prozent der Agrarfläche erhalten. Die Paneele sind bifokal, das heißt, sie fangen die Sonne auf beiden Seiten ein. Da sie in der Regel in Ost-West-Richtung stehen, erfolgt die Stromproduktion vor allem morgens und abends, wenn die Preise pro Kilowattstunde höher sind. Zwischen den Paneel-Wänden bleiben breite Streifen frei z.B. für den Grasanbau.

 

Elektromobilität

Inzwischen produziert auch Porsche Elektroautos. „Der Luxus wird grün“, meinte Kretschmann. Porsche sei Pionier in der Elektromobilität und von den dort eingesetzten neuen Technologien würden langfristig auch andere Automarken profitieren.

 

Klimaneutrale Wirtschaft

Kretschmann erläuterte, dass Unternehmen heute klimaneutral produzieren wollen. Bei Standortanfragen würde danach gefragt, ob Windparks in der Nähe seien. Die Unternehmen verlangten, dass der Staat dafür sorgen müsse. „Wir stehen da in einem globalen Wettbewerb, es geht heute um die Frage: Wer macht die grünsten Produktlinien?“, so Kretschmann.

 

CO2-Preis

Wenn Erdölprodukte, Erdgas oder Kohle als Brennstoffe verwendet werden, entsteht das Treibhausgas CO2, das zur Erderhitzung beiträgt. Deshalb sollen mit einem CO2-Preis Anreize gesetzt werden, um ihren Verbrauch zu verringern und eine Lenkungswirkung hin zu umweltfreundlicheren Energieformen und Produkten auszulösen. Seit Januar 2021 erhalten daher CO2-Emissionen solcher fossilen Brennstoffe einen Preis. Dabei müssen Unternehmen, die solche Brennstoffe in Verkehr bringen, Emissionsrechte in Form von Zertifikaten kaufen. Diese Kosten geben die Unternehmen an die Endverbraucherinnen und -verbraucher weiter. 2021 ist mit einem moderaten Preis von 25 € pro Tonne CO2 gestartet worden. Das entspricht weniger als 10 Cent pro Liter Kraftstoff oder Heizöl. Schrittweise erhöht sich diese Abgabe für die klimaschädlichen Emissionen, bis im Jahr 2025 55 € pro Tonne CO2 fällig werden.

 

Kretschmann sagte, die Bundesregierung und insbesondere Olaf Scholz hätten nur 10 € statt 25 € pro Tonne CO2 festsetzen wollen. Die Lehre aus dem Emissionshandel sei jedoch für ihn gewesen, dass ein solch niedriger Preis keine Lenkungswirkung entfalten könne. Daher habe sich die grün geführte Landesregierung für einen höheren Preis eingesetzt und Bündnispartner gefunden, so dass es dann zu den 25 € pro Tonne CO2 gekommen sei. Die Lehre für ihn daraus für die Bundestagswahl: „Die Bremser am Steuer in der Bundesregierung müssen auf den Rücksitz oder den Beifahrersitz und die Grünen ans Steuer“.

 

Klimaschutz jetzt

Kretschmann sagte, Deutschland solle die erste klimaneutrale Industriegesellschaft werden. Wenn das gelinge, würden auch andere Länder nachziehen und unsere erfolgreichen grünen Technologien nutzen. Für diese Transformation der Industriegesellschaft in kurzer Zeit, er sprach von einem Zeitfenster von 10, maximal 15 Jahren, müssten gewaltige Geldsummen in die Hand genommen werden. Das sei dann aber billiger als die Beseitigung der Klimaschäden, wenn das überhaupt möglich sei.

 

Er sagte, vor 5 Jahren hätten wir in Braunsbach, einem Dorf im Landkreis Schwäbisch Hall, auch ein Starkregenereignis mit verheerenden Überschwemmungen gehabt. Zwar nur in einem Dorf, und Gott sei Dank nicht auf einer so großen Fläche wie im Ahrtal. Aber für das eine Dorf Braunsbach seien 42 Mio. € zur Beseitigung und zum Wiederaufbau notwendig gewesen. Wieviel mehr brauche man dann für Klimaschäden in größeren Gebieten? Daher komme es jetzt darauf an, schnell und stark in Klimaschutz zu investieren. Dazu gehörten z.B. Photovoltaik- und Solaranlagen auf alle Dächer von Neubauten. Hiermit könne man auch Geld verdienen. Wenn viele das als Zumutung sehen würden, dann könne er nur sagen: „Eine Zumutung, die sich rentiert“.

 

Interessant war auch, dass Kretschmann nicht von Klimawandel, sondern von Erderhitzung sprach. Er sagte, das Wort „Klimawandel“ verharmlose dieses Riesenproblem.

 

Im anschließenden Gespräch zwischen Sandra Detzer und Winfried Kretschmann vertieften beide die im Vortag angesprochen Punkte und gingen auf zahlreiche Fragen der Gäste ein. Es war ein sehr informativer und gelungener Abend, bei dem argumentativ auch in die Tiefe gegangen wurde.

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