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Berlin, Berlin … ein Reisebericht

1. Tag, Mittwoch, 24.06.09, 10.30 Uhr - Stuttgart Hauptbahnhof.

 

Ich bin hier gerade mit der U 14 angekommen, warte am Anfang von Gleis 10 … Da sind noch ein paar andere Leute, Paare, Gruppen, kleine und größere. Manche scheinen sich zu kennen. Ich kenne niemanden, habe aber trotzdem das Gefühl, dass diese Leute alle irgendwas gemeinsam haben - auch mit mir, denn sie, nein - wir gehören allesamt .....

1. Tag, Mittwoch, 24.06.09, 10.30 Uhr - Stuttgart Hauptbahnhof.

 

Ich bin hier gerade mit der U 14 angekommen, warte am Anfang von Gleis 10 … Da sind noch ein paar andere Leute, Paare, Gruppen, kleine und größere. Manche scheinen sich zu kennen. Ich kenne niemanden, habe aber trotzdem das Gefühl, dass diese Leute alle irgendwas gemeinsam haben - auch mit mir, denn sie, nein - wir gehören allesamt zu der Gruppe, die zu einer Tagung bzw. politischen Bildungsreise nach Berlin eingeladen wurden, Menschen, die den Grünen nahestehen. Zwei Mitarbeiter des Wahlkreisbüros von Biggi Bender, MdB, begleiten uns …

 

Die ca. 5 ½ -stündige Bahnfahrt ist amüsant und kurzweilig, wenn auch gleich zu Anfang der ICE ausfällt. Aber nach Berlin kommt man immer! Interessante Leute, interessante Gespräche!

 

16.30 Uhr - Berlin Hauptbahnhof. Wir werden von einem Berliner Unikum namens Susann in Empfang genommen. Der Busfahrer ist ein echter Berliner Busfahrer! Ankunft im Hotel, zentral gelegen, 10 min. südlich vom Potsdamer Platz, zweckmäßig und sauber. Zum Abendessen in der „Alten Pumpe“ laufen wir zu Fuß, ein netter Spaziergang. Danach gehe ich noch mit Gabi, meiner Zimmergenossin, Marion und Pia in Richtung Potsdamer Platz. Wir genießen den Abend bei Radler und Bier. Das war der Mittwoch.

 

 

2. Tag, Donnerstag, 25.06.09 - der Tag, an dem Michael Jackson starb …

 

… , wie wir erst später erfahren sollten. Zunächst machen wir eine wirklich interessante Stadtrundfahrt (Teil 1), an politischen Gesichtspunkten orientiert. Susann weiß viel zu erzählen, auch aus dem Nähkästchen. Das macht das Zuhören angenehm und leicht. Berlin verändert sich ständig, immer noch. Ich war erst letzten Sommer hier. Da stand noch ein Teil des Stahlskeletts vom  alten „Palast der Republik“. Jetzt  ist dort alles platt. Hier soll das alte Schloss wieder aufgebaut werden.

 

Das Mittagessen gab’s in der „Eins“. Das ist ein Lokal direkt an der Spree im Gebäude des ARD-Hauptstadtstudios in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bundestag. Hier trifft sich die Polit-Prominenz in locker-familiärer Atmosphäre: Der Busfahrer sitzt neben mir. Leider hab ich seinen Namen vergessen. Ich nenne ihn jetzt mal Werner. So sah er jedenfalls aus. Werner schimpft über die Berliner Regierung: „Die vielen PDS-Wähler „von drüben“, die haben einfach noch nicht kapiert, worum es geht …“

 

Gegen 12.30 Uhr heißt es Sammeln und Einfinden vorm Reichstagsgebäude zum Sicherheits-Check. Es regnet, zwar nur ganz leicht, aber es regnet - ich hab meinen Schirm vergessen!  Zum Glück sind wir angemeldet und müssen daher nicht lange warten! Dann ist es soweit: Erst nachdem wir ALLES an der Garderobe abgegeben haben, dürfen wir den Plenarsaal des Bundestags betreten. Die Stühle sind wirklich so blau! Durch das Tageslicht, was durch die Kuppel in den Raum fällt, leuchtet es regelrecht. Ein Raunen überall - man vernimmt einzelne Stimmen wie „Meine Güte, so viel Blitz und Blank, das hat sicher alles ein Heiden-Geld gekostet … alles unsere Steuern …“. Es folgt ein recht langer, aber interessanter und professioneller Vortrag über die Arbeit der Bundestagsabgeordneten am Beispiel einer Sitzungswoche. Danach diskutieren wir in einem Nebenraum mit Biggi Bender, MdB. Natürlich interessieren nicht nur ausgesprochen grüne Themen, sondern auch aktuelle wie die Wirtschaftskrise.

 

Anschließend wird auf der Dachterrasse noch ein Foto gemacht. Wer will, kann jetzt noch die Glaskuppel besichtigen. Da an diesem Tag in Berlin die „lange Nacht der Museen“ ist, ändern wir das Programm und verschieben den 2. Teil der Stadtrundfahrt auf den nächsten Tag. Die Gruppe teilt sich auf. Jeder geht seiner Wege. Gabi und ich gehen zum Deutschen Dom am Gendarmenplatz. Dort gibt es eine Ausstellung zur Entwicklung der parlamentarischen Demokratie. Das passt! Danach trennen wir uns jedoch auch, weil jeder noch etwas für sich unternehmen möchte. Es regnet nicht mehr. Die Sonne scheint sogar! Ich laufe durch die Stadt, schnuppere etwas „Unter den Linden“, suche ein nettes Mitbringsel für meine beiden Kinder, finde jedoch „nix rechts“ und gönne mir schließlich eine Portion Trüffelspaghetti beim Adlon – mit Blick aufs nahe Brandenburger Tor. Hmmm, lecker! Das war gut, denn bisher war das Essen eher nicht so mein Fall …

 

3. Tag, Freitag, 27.06.09 - volles Programm!

 

Um 9 Uhr sind wir im Bundesministerium der Finanzen angemeldet. Dort empfängt uns ein sehr sympathischer Mitarbeiter des Besucherdienstes. Wir sitzen im Saal mit der allseits aus dem TV bekannten blauen Wand, die, vor der Peer Steinbrück immer sitzt, wenn wir ihn sehen. Er, nicht Peer, sondern der nette Mitarbeiter des Besucherdienstes erzählt uns etwas über die Geschichte und die Architektur des Hauses, dem einstigen Reichsluftfahrtministerium unter Hermann Göring. Anschließend erläutert uns ein anderer Mitarbeiter des Ministeriums die Aufgaben dieser Behörde. Die vielen Zahlen bereiten Schwindelgefühle, nein – Bauchweh! Man stelle sich vor: Der Bundeshaushalt beträgt in 2009 etwa 297 Mrd. €. Davon gehen 10 %, mehr als 31 Mrd. € an das Bundesministerium für Verteidigung. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung erhält dagegen nur knappe 10 Mrd. €.Schule und Bildung ist Ländersache – ich vergaß …

 

Allesamt etwas deprimiert, laufen wir hinüber zum Berliner Abgeordnetenhaus. Dort sehen wir zunächst einen kurzen Film über die Arbeit der Abgeordneten. Hier herrscht gerade Baustelle. Der große Sitzungssaal bekommt eine neue technische Anlage, d. h. überall Kabelsalat … Dann führt uns eine kleine, witzige Mitarbeiterin, eine echte Berliner Göre, durch das Haus. Auch sie weiß uns viel zu erzählen, über die Geschichte und die Architektur des Gebäudes.

 

Zeit für das Mittagessen im Diplomatenviertel: Wir werden in der Landesvertretung BW erwartet. Ein wirklich schönes, modernes, helles Gebäude! Nebenan befindet sich übrigens die Indische Botschaft, ein rotes Sandsteingebäude - starker Kontrast! Nein, es gab keine Maultaschen und auch keine Spätzle, sondern Fisch! Das beste Essen bisher – abgesehen von den Adlon-Spaghetti! Im Anschluss sehen wir einen Film: Die Landesvertretung sorgt dafür, dass die Interessen Baden-Württembergs in der Bundespolitik neben denen der anderen Bundesländer nicht zu kurz kommen. Hier finden viele Feste und Empfänge statt, aber man kann auch als Privatperson die Gästezimmer mieten.

 

Um 14 Uhr werden wir in der Bundesparteizentrale BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN erwartet, wo wir auch pünktlich erscheinen: Ein 4-geschossiger Altbau im Charité-Komplex, gelbe Fassade mit grünen Fenstern, netter kleiner begrünter Innenhof. Hier werden uns die Entwicklung der Partei, die Arbeit  und die Aufgaben vor Ort erklärt.

 

Anstelle des ursprünglich geplanten individuellen Rundgangs am Brandenburger Tor folgt nun der 2.Teil der Stadtrundfahrt. Susann weiß wieder viel Interessantes zu erzählen. Die z. Zt. wohl größte und teuerste Baustelle in Berlin ist die des Neubaus des BND, der nach Fertigstellung in 2011 bis auf die technische Abteilung von München hierher ziehen soll. Wenn ich mich recht erinnere, war die Rede von 720 Mio. € …

 

Anschließend finden wir uns zum Sicherheits-Check im Bundeskanzleramt ein. Das läuft etwa so ab,  wie an einem bundesdeutschen Flughafen, nur dass die Mitarbeiter irgendwie etwas nerviger sind. Gut, es ist Freitag, 17 Uhr … Wieder sehen wir zuerst einen Film: Das Haus verfügt über 390 Büros und Sitzungssäle. Dann wird unsere Gruppe aufgeteilt und durch das Gebäude geführt. In die oberen Stockwerke kommen wir nicht, sehen aber den Sitzungssaal des Bundeskabinetts mit dem großen, braunen, ovalen Tisch, an dem alle Minister Platz finden. Die legendäre würfelförmige Tisch-Uhr, die in der Mitte des Tisches ihren Platz hat, stammt übrigens noch von Konrad Adenauer. Haben Sie das gewusst? Auch der Raum für größere Empfänge wurde uns gezeigt sowie die Presse-Ecke. Im großzügigen Treppenhaus - nein, so kann man das eigentlich gar nicht nennen, denn das ganze Gebäude ist dermaßen transparent, dass die einzelnen Teile ineinander überzugehen scheinen - also, in diesem offenen Bereich in der Mitte hängen die Portraits der ehemaligen Bundeskanzler, eins schöner und gewaltiger als das andere. Schröder gefällt mir irgendwie gar nicht, Kohl auch nicht … Im Erdgeschoss kann man einige ausgestellte Geschenke fremder Regierungen bewundern. Der Blick von der Terrasse ist gigantisch! Da waren wirklich gute Architekten am Werk! Na ja, im Vergleich zum BND hat das hier nur einen Klacks gekostet …

 

Zum guten Schluss gab’s noch im CABINETT ein zünftiges Abendessen – Krautwickel. Ich hab nur das Innenleben heraus gepuhlt. Der Rest war nicht so mein Fall … Von dort aus ist dann jeder seiner Wege gegangen, ein Teil mit dem Bus zurück ins Hotel, ein anderer noch in die Stadt oder den nahen Tiergarten. Ich habe dann irgendwann noch an der Spree gesessen, nahe der „Ständigen Vertretung“, bei einem Kräutertee bzw. einem Kakao, als da plötzlich eine Zeitungsverkäuferin mit einem Stapel der TAZ vor uns steht. Eigentlich lese ich diese Zeitung nicht regelmäßig, aber nachdem die Dame erklärte, was alles drinstehe, auch das mit Michael Jackson, haben wir dann gleich zwei Exemplare genommen …

 

4.Tag, Samstag, 28.06.09 – Deutsche Geschichte!

 

Am letzten Tag fährt uns Werner mit seinem Bus zur Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, der ehemaligen „Zentrale Untersuchungshaftanstalt“ der Stasi. Auch hier sind wir angemeldet, so dass keine lange Wartezeit entsteht. Zu Beginn sehen wir wieder einen Film, der uns die großen Zusammenhänge erläutert. Dann wird unsere Gruppe wieder geteilt. Wie alle Besucher, werden wir von einem Zeitzeugen und ehemaligen Inhaftierten durch die Räumlichkeiten geführt. Das „U-Boot“, wie die Folterräume im Kellergeschoss genannt wurden, lassen einem das Blut in den Adern gefrieren. Durch die bewegenden Schilderungen und Erzählungen fühle ich mich aufs Äußerste  betroffen. - Ohne Worte!

 

Dann gab’s das letzte Mittagessen, im „Oranium“ nahe der großen Synagoge in der Oranienburger Straße, unweit den Hackeschen Höfen. Und weil danach noch etwa 1 Stunde Zeit war, bin ich sogar noch etwas zum Shoppen gekommen. Wem sag ich das, das lohnt sich in Berlin immer!

 

Gegen 15 Uhr bringt uns der Bus dann zum Hauptbahnhof. Der Zug fährt pünktlich um 16.40 Uhr ab. Diesmal gibt’s keine Komplikationen. Gabi, Marion, Pia und ich haben noch unseren Spaß im Bistro-Wagen. Das Wechselgeld ist ausgegangen … Der Zug erreicht Stuttgart pünktlich um 21.08 Uhr, auf die nächste U 14 nach Remseck warte ich keine 5 Minuten. Das passt doch wirklich gut! Am Hornbach steige ich aus. Meine Familie holt mich dort ab. Sie kann es wohl nicht erwarten, dass „Mama“ endlich wieder da ist! - So etwas sollte man viel öfter machen …

 

Jetzt kann es sein, dass Sie sich fragen: „So, und was ist denn jetzt genau die Aufgabe des Bundestags? Was passiert im Bundesministerium der Finanzen und dem Berliner Abgeordnetenhaus? Was machen die GRÜNEN eigentlich, und vor allem die in Berlin? Im Bundeskanzleramt gibt’s sicher nicht nur Bilder, Tischuhren, Geschenke und eine gute Aussicht! Zu Hohenschönhausen und der Stadtrundfahrt hätte man ja auch noch etwas mehr schreiben können …“

 

Sie haben Recht. Aber machen Sie sich doch selber ein Bild davon! Treten Sie mit uns in Kontakt! Sie sind herzlich eingeladen! Die nächste Reise kommt bestimmt …

 

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