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Cross Border Leasing schadet Remseck

Vor einigen Jahren galten Cross Border Leasing-Geschäfte als schick und modern. Diesen Glamour wollten sich offenbar auch die sonst eher als verstaubt und in Finanzsachen konservativ geltenden Kommunen zulegen. Vom vermeintlichen Segen ist CBL inzwischen zum Fluch geworden.

 

Vor einigen Jahren galten Cross Border Leasing-Geschäfte (CBL) als schick und modern. Diesen Glamour wollten sich offenbar auch die sonst eher als verstaubt und in Finanzsachen konservativ geltenden Kommunen zulegen. Vom vermeintlichen Segen ist CBL inzwischen zum Fluch geworden.

 

Die Stadt Remseck ist am Klärwerk Stuttgart-Mühlhausen und der Landeswasser- und der Bodenseewasserversorgung beteiligt. Das Klärwerk und die Wasserwerke samt Leitungsnetz der Wasserzweckverbände wurden an US-Firmen über eine Laufzeit von 99 Jahren vermietet und sogleich wieder zurückgemietet. Die Zweckverbände mussten Ende letzten Jahres die sinkende Kreditwürdigkeit des US-amerikanischen Versicherungskonzerns AIG, der an den CBL-Geschäften beteiligt ist, teuer stützen. Daher wollten sie aus den Verträgen mit dem US-Investor aussteigen. Dazu war dieser jedoch nicht bereit.

 

Daher wurden die Verträge sowohl der Landeswasserversorgung als auch der Bodensee-Wasserversorgung umstrukturiert und die ins strauchelnde geratene AIG jeweils durch eine Tochter der Deutschen Bank ersetzt. Das kostete die Landeswasserversorgung 23 Mio. €, die daraufhin den Trinkwasserpreis um 4,4 % oder 1,5 Cent je Kubikmeter erhöhte. Die Bodensee-Wasserversorgung erhöhte den Preis sogar um 2,2 Cent pro Kubikmeter. Noch hat sich diese Preissteigerung in Remseck beim Endverbraucher nicht ausgewirkt, aber irgendwann dürfte auch das kommen.

 

CBL drückt Andriof-Brücke näher an Remseck

 

CBL ist für Remseck nichts Neues. Bereits beim Planfeststellungsverfahren zur Andriof-Brücke zeigten sich Macht und Undurchsichtigkeit von CBL. Das Klärwerk in Stuttgart-Mühlhausen, an dem Remseck einen Anteil von 1 % hält, ist im Rahmen eines CBL-Geschäfts auch an einen US-Investor gebunden. Nach deutschem Recht ist die US-Firma lediglich Mieter. Daher muss nicht sie, sondern die deutsche Kommune Investitionen in die Anlage während der Laufzeit tätigen. Die Kommune ist verpflichtet die Anlage während der gesamten Laufzeit in Schuss zu halten. Schließlich muss die US-Firma ihrem Finanzamt jährlich den Nachweis liefern, dass die Anlage intakt ist und auch nicht an Wert verliert.

 

Ursprünglich sollte die Andriof-Brücke über dem Klärwerk gebaut werden. Die Stadt Stuttgart schätzte jedoch dieses Vorhaben als Risiko für das CBL-Geschäft ein und verlangte daher, dass das Regierungspräsidium die Brücke neben dem Klärwerk und damit näher an Aldingen plant. Und so wurde es dann auch gemacht! Zum Nachteil von Remseck!

 

Im Zuge der Diskussion um die CBL-Geschäfte kam auch heraus, dass Kommunen und Zweckverbände Verträge mit einer Länge von über 1000 Seiten und in englischer Sprache abgeschlossen hatten. Offenbar sind diese Verträge teilweise gar nicht gelesen worden. Zumindest aber ist klar geworden, dass Städte und Zweckverbände Geschäfte mit Finanzrisiken abgeschlossen haben, die sie nicht verstanden haben und die sich jetzt als Nachteil für die Kommunen herausstellen.

 

Erstaunlich ist, dass es für Cross Border Leasing gar keine deutsche Übersetzung gibt und daher nur der englischsprachige Ausdruck verwendet wird. "Seien Sie vorsichtig, wenn die Banker nur noch englisch reden", warnte Peter Schneider, der Präsident des Sparkassen- und Giroverbands, in seinem Vortrag zur Finanzmarktkrise auf dem Neujahrsempfang der Stadt Remseck. Vor dem aktuellen Hintergrund eine ernst zu nehmende, aber in der Vergangenheit leider nicht berücksichtigte Warnung!

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