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Antrag Luftschadstoffmessungen

Der Gemeinderat möge beschließen: Die Stadt fordert vom Umweltministerium bzw. dem Regierungspräsidium eine nachvollziehbare Begründung, warum es Messungen zu relevanten Luftschadstoffen in der Remstalstraße in Neckarrems und in der Hauptstraße in Hochberg ablehnt. Die Begründung soll eine Berechnung der erwarteten Werte für die Luftschadstoffe Stickstoffdioxid und für Feinstaub PM10 enthalten.

Antrag von Bündnis90/Die Grünen, Freie Wähler und FDP (August 2010)

 

Der Gemeinderat möge beschließen:

 

 

 

 

 

 

1. Die Stadt fordert vom Umweltministerium bzw. dem Regierungspräsidium eine nachvollziehbare Begründung, warum es Messungen zu relevanten Luftschadstoffen in der Remstalstraße in Neckarrems und in der Hauptstraße in Hochberg ablehnt. Die Begründung soll eine Berechnung der erwarteten Werte für die Luftschadstoffe Stickstoffdioxid und für Feinstaub PM10 enthalten. Ersatzweise beauftragt die Stadt ein anerkanntes Ingenieurbüro mit den Berechnungen.

 

2. Darüber hinaus ist das Regierungspräsidium Stuttgart aufzufordern, bei den anstehenden Luftreinhalte- und Aktionsplänen in Markgröningen, Pleidelsheim-Ingersheim-Freiberg und bei der abzusehenden Verschärfung der Maßnahmen für den Luftreinhalteplan Ludwigsburg darauf zu achten, dass es zu keinen Verkehrsverlagerungen zu Lasten von Remseck kommt.

 

3. Das Regierungspräsidium Stuttgart soll aufgefordert werden zu prüfen, ob Remseck in die benachbarten Umweltzonen Ludwigsburg und/oder Stuttgart einbezogen werden kann.

 

 

Begründung:

 

1. Die Verkehrsbelastungen insbesondere auch mit LKW's haben in den letzten Monaten nach Meinung vieler Bürgerinnen und Bürger sowohl nördlich und südlich der Neckarbrücke zwischen Neckarrems und Neckargröningen als auch in der Hauptstrasse in Hochberg spürbar zugenommen. Es besteht die Gefahr, dass damit auch die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger beeinträchtigt wird.

 

2. Die 22. BImSchV schreibt Immissionsgrenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit für verschiedene Luftschadstoffe vor. Seit 2005 gelten für Feinstaub PM10 die Grenzwerte von 40 μg/m³ im Jahresmittel und 50 μg/m³ im Tagesmittel bei maximal 35 zulässigen Überschreitungstagen im Jahr. Ab 2010 ist für Stickstoffdioxid (NO2) ein Jahresmittelwert von 40 μg/m³ und ein Stundenmittelwert von 200 μg/m³ bei maximal 18 zulässigen Überschreitungstagen pro Jahr einzuhalten.

 

3. Es besteht die berechtigte Sorge und der Verdacht, dass beide Grenzwerte in der Hochberger Hauptstraße und in der Remstalstraße überschritten sind mit der unmittelbaren Folge, dass benachbarte Wohnbereiche übermäßig belastet werden. Die betroffene Bürgerschaft hat ein Recht darauf, zu wissen, inwieweit die Gefahr der Grenzwertüberschreitung besteht und ob die Grenzwerte überschritten sind.

 

4. Im Jahr 2006 wurde von der damaligen UMEG in der Hochberger Hauptstraße Stickstoffdioxid als Mittelwert über 3 Monate mit 55 μg/m³ gemessen. Der jetzt zulässige Grenzwert wäre damit bei Stickstoffdioxid überschritten. Grundlage der damaligen Messungen waren 14 200 Kfz/Tag mit 4%-LKW-Anteil. Die im Jahr 2007 durchgeführte Verkehrsuntersuchung von Prof. Kölz kam mit 14 800 KfZ/Tag zu noch höheren Verkehrszahlen und vor allem mit 7 % einem wesentlich höheren LKW-Anteil. Durch die Beschränkungen für LKW's in den Umweltzonen Stuttgart und Ludwigsburg dürfte vor allem die Anzahl der LKW's noch weiter zugenommen haben. LKW's stoßen wesentlich mehr Emissionen aus als PKW's. Bei vergleichbaren innerörtlichen Emissionen gehen Fachleute bei PKW's von Emissionswerten für Stickstoffdioxid in Höhe von 0,44 g/km aus, bei LKW's von 7,03 g/km. Es ist daher davon auszugehen, dass der zulässige Grenzwert bei Stickstoffdioxid, wahrscheinlich auch bei Feinstaub, überschritten ist.

 

5. Die Verkehrsuntersuchung im Zusammenhang des Planfestellungsverfahrens zur Andriof-Brücke weist für den Planfall 0 Plus für den Bereich der Remstalstraße in Neckarrems 15 250 KfZ/Tag aus bei einem LKW-Anteil von 12,0 %. Die topografische Lage dieser Straße östlich unter dem Schloßberg und quer zur Hauptwindrichtung lässt eine schlechte Durchlüftung der Remstalstraße und hohe Luftschadstoffe vermuten, die vermutlich ebenfalls über den zulässigen Grenzwerten liegen.

 

6. Gemäß § 47 Absatz 2 BImSchG besteht die Pflicht, einen Aktionsplan aufzustellen, wenn die Gefahr der Grenzwertüberschreitung besteht. Ein Luftreinhalteplan ist aufzustellen, wenn Grenzwerte überschritten sind. Beide Pläne müssen Maßnahmen beinhalten, die die Gefahr der Grenzwertüberschreitung verringern bzw. zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen führen.

 

7. Um Kenntnisse über die angesprochenen und befürchteten Verhältnisse zu erhalten, wären einjährige Messungen der in Frage kommenden Schadstoffe – Feinstaub PM10 und Stickstoffdioxid – erforderlich und sinnvoll. Da das Land Baden-Württemberg nicht bereit ist, diese Messungen in Remseck durchzuführen, könnte die Stadt dem Beispiel der Stadt Asperg und der Gemeinde Freiberg folgen und die Messungen auf eigene Rechnung in Auftrag geben. Luftreinhaltepläne werden in der Regel nur dann aufgestellt, wenn Messungen vorliegen, kostengünstigere Berechnungen reichen als Begründung in der Regel bisher nicht aus.

 

Berechnungen als kostengünstige Alternative zu Messungen auf Basis der vorliegenden Verkehrszahlen bzw. zukünftig durchzuführender Verkehrszählungen liefern jedoch ausreichende Anhaltspunkte, ob die Grenzwerte der o.g. Luftschadstoffe überschritten sein könnten. Falls die Berechnungen ergeben, dass die Grenzwerte überschritten sind, wären Messungen durchzuführen. Wir vermuten, dass auf Grund der hohen Verkehrszahlen und der räumlichen Situation die Grenzwerte in den o.g. Straßen überschritten sind. Eine Stadtverwaltung darf erwarten können, dass die zuständigen Stellen nachvollziehbare Berechnungen vorlegen, warum sie der Auffassung sind, diese Grenzwerte seien nicht überschritten. Die bloße Behauptung, sie seien nicht überschritten, reicht nicht aus und ist aufgrund des geschilderten Sachverhalts auch nicht nachvollziehbar.

 

Es darf nicht sein, dass die zuständigen Institutionen sich gegenseitig die Verantwortung zuschieben, keine Verbesserungsmaßnahmen einleiten und sich die Situation für die Bürgerinnen und Bürger dadurch dauernd verschlechtert statt verbessert. So weist das Regierungspräsidium in seinem Schreiben vom 10. Dezember 2009 auf die Zuständigkeit des Umweltministeriums bei Luftschadstoffmessungen hin. In seiner Antwort vom 18.01.2010 hält das Umweltministerium solche Messungen nicht für erforderlich, weil das Regierungspräsidium zum Ergebnis gekommen sei, die Stickstoffdioxidimmissionen würden nur geringfügig zunehmen und der Jahresimmissionswert sei eingehalten. Die zuständigen Stellen sind aufzufordern ihre Berechnungen vorzulegen und ihre Aussagen zu beweisen.

 

 

    Sollten sich das Regierungspräsidium und das Umweltministerium weigern, ist die Stadt gefordert, die Berechnungen selbst in Auftrag zu geben. Die Anwohnerschaft hat ein Recht darauf zu wissen woran sie ist. Die Kosten der Berechnungen bewegen sich je nach Umfang in der Größenordnung 5.000 bis 10.000 € und müssten im Wege einer Ausschreibung dann genau ermittelt werden. Anerkannte und unabhängige Ingenieurbüros können genannt werden.

 

8. Die geplante Einrichtung einer Umweltzone in Markgröningen mit LKW-Durchfahrtsverbot für bestimmte Straßenabschnitte, die erweiterte Umweltzone Pleidelsheim – Ingersheim - Freiberg und die zu erwartende Verschärfung der Fahrverbote in Ludwigsburg werden zu großräumigem Ausweich- und Schleichverkehr führen, von dem auch Remseck betroffen sein wird. Damit ist mit zusätzlichem Fahrzeugaufkommen, insbesondere mit Fahrzeugen, die nicht mehr durch Umweltzonen fahren dürfen, also sog. „Dreckschleudern“,  zu rechnen. Dies verschlechtert die bereits schlechten Verkehrsverhältnisse noch einmal. Deshalb soll parallel zu den beantragten Berechnungen das RP Stuttgart aufgefordert werden, darauf zu achten, dass bei möglichen Verkehrslenkungsabsichten Remseck nicht benachteiligt wird. Gleichzeitig soll untersucht werden, ähnlich der Vorgehensweise für Pleidelsheim – Ingersheim – Freiberg, Remseck in die Umweltzone Ludwigsburg und/oder Stuttgart einzubeziehen.

 

gez. Dr. Karl Burgmaier, Jasmine Finckh, Cherry Gehring, Monika Voggesberger, Swantje Sperling

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