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Stellungnahme zum Haushaltsplan 2022

29. März 2022

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren

 

In diesem Jahr und in den kommenden Jahren sieht die Haushaltsplanung im Gesamtergebnishaushalt mehr Aufwendungen als Erträge vor, so dass wir negative Ergebnisse haben werden. Das ist auf den ersten Blick nicht schön, doch weit besser als noch vor einem oder zwei Jahren befürchtet.

 

Kreditaufnahmen sind wie schon im vergangenen Jahr auch 2022 nicht eingeplant. Dadurch erwarten wir zum Jahresende einen Liquiditätsstand, welcher über der Mindestliquidität liegt und eine gute Basis ist für die Finanzierung von Investitionen der Folgejahre. Desweiteren sind keine Steuererhöhungen geplant. Das ist sehr erfreulich.

 

Vor einem Jahr hätten wir angesichts der möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie nicht gedacht, dass ein solcher Haushaltsplan 2022 vorgelegt werden kann. Jetzt können wir sagen, Remseck ist 2021 gut durchgekommen und wird voraussichtlich auch in diesem Jahr gut durchkommen, auch wenn es an die Reserven geht.

 

Wenn es dann auch noch so läuft wie in den vergangenen Jahren, dass die tatsächlichen Ergebnisse besser ausfallen als die Planung, dann können wir optimistisch in die Zukunft schauen, die vor uns stehenden Herausforderungen angehen und in die Zukunft investieren. So ist für Baumaßnahmen in den Jahren 2022 bis 2025 ein Gesamtinvestitionsvolumen in Höhe von 30 Mio. € vorgesehen. Der größte Betrag ist für den Neubau bzw. die Sanierung der Wilhelm-Keil-Schule vorgesehen. Diese Investition im Bildungsbereich ist für uns sehr wichtig, um unsere Stadt fit zu machen für die Zukunft.

 

Auch bei der Schaffung von neuem Wohnraum haben wir uns für die nächsten Jahre viel vorgenommen. Nach dem Baugebiet „Nördlich Brunnenstraße“ in Hochberg, dem Gelände  des ehemaligen Finanzrathauses in Neckargröningen und dem Baugebiet Wolfsbühl III in Aldingen sollen nun  die neuen Baugebiete „Östlich Marbacher Straße“ in Neckarrems sowie die Neue Mitte möglichst bald in Angriff genommen werden. Mit den neuen Baugebieten soll zum einen zusätzlicher und nicht zuletzt bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Zum anderen  erhoffen wir uns durch die neuen Baugebiete auch Einnahmen durch den Verkauf an Bauplätzen. Die Bauplatzverkäufe spielen in den nächsten Jahren in den Planungen des Haushalts eine große Rolle.

 

Doch auch wenn es dringend angezeigt ist, mehr Wohnraum zu schaffen, so müssen wir ebenso im Blick haben, dass wir es mit der Flächenversiegelung nicht übertreiben. Für ein weiterhin gesundes, lebenswertes Wohnen in Remseck ist dies unabdingbar. Genauso nehmen wir zur Kenntnis, dass vielen eine zu dichte Wohnbebauung nicht gefällt. Nachverdichtung muss sich in gewachsene Wohnstrukturen einfügen. Das sind Zielkonflikte, die diskutiert und gelöst werden müssen. Betriebswirtschaftlich sieht es so aus, dass die Baukosten pro qm Wohnfläche mit zunehmender Dichte sinken. Dichte bedeutet enger und höher. Flächenverbrauch und Baukosten sind damit bei hoher Dichte geringer als bei niedriger Dichte. Anderseits müssen sich die Menschen im Wohngebiet auch wohl fühlen, es muss der Charakter des bisherigen gewahrt bleiben und es muss noch ausreichend Grünflächen geben, die eine gewisse ökologische Vielfalt auch in bebautem Gelände zulassen. Dass diese Zielkonflikte zu lösen fast der Quadratur eines Kreises gleicht, ist uns bewusst. Lassen Sie uns das Projekt dennoch angehen.

 

Doch wie sieht Remseck  2035 oder 2040 aus? Wir haben uns als Ziel gesetzt, dass Remseck 2040 klimaneutral ist. Wie Remseck 2035 aussehen soll, dazu gab es eine große Bürgerbefragung. Wir sind jetzt auf den weiteren Prozess gespannt und würden uns sehr freuen, wenn sich die Bürgerinnen und Bürger in diesen Prozess engagiert einbringen. Es geht schließlich darum, wie unser Remseck in Zukunft aussehen soll.

 

Ich komme nun zu unseren sieben Anträgen

 

Wir haben dieses Jahr insgesamt sieben Haushaltsanträge gestellt. Junge Bürgerinnen und Bürger vom Schlossberg in Neckarrems sind auf uns zugekommen mit dem Wunsch den Schlossweg zu beleuchten und auszubessern. Er ist auf Grund des schlechten Belags für Fußgänger oder Menschen mit Kinderwagen schwer nutzbar, unsicher und wird wegen fehlender Beleuchtung ab Einbruch der Dunkelheit von Menschen gänzlich gemieden. Dabei ist der Schlossweg für Fußgänger und Fahrradfahrer die direkteste Verbindung zwischen Schlossberg und Rathaus oder Neuer Mitte und für die am Schlossberg wohnenden Kinder ist er Schulweg. Daher sollte hier dringend etwas getan werden. Wir brauchen sichere Gehwege. Ein beleuchteter und trittsicherer Schlossweg dient der Stärkung des Fußgängerverkehrs und dem Wohl der Menschen. Dass die anderen Fraktionen unseren Antrag wohlwollend kommentieren und die Verwaltung zugesagt hat, die Möglichkeiten einer Ertüchtigung des Weges und deren Kosten zu prüfen, freut uns.

 

In Remseck wird die Straßenbeleuchtung seit Jahren sukzessive auf energiesparende LED-Beleuchtung umgestellt. In der Regel werden weiße Leuchtmittel ohne Blauanteil verwendet. Inzwischen ist jedoch bekannt, dass weiße Leuchtmittel kein umweltfreundliches, sprich insektenfreundliches Licht ausstrahlen. Wir haben deshalb den Antrag gestellt, zukünftig orange farbige Leuchtmittel für die Straßenbeleuchtung zu verwenden. Der Einsatz orangefarbener LED-Leuchtmittel ist ein leicht realisierbarer Beitrag zum Umweltschutz und zur Reduzierung des Artensterbens. Auch hier hat die Verwaltung signalisiert, unser Anliegen für zukünftige Anlagen zu berücksichtigen.

 

Unser Antrag „Regenwasserspeicher“ hat das Ziel, öffentliche Grünflächen mit Regen- statt mit Grundwasser zu wässern. Aus Gründen der Nachhaltigkeit sollen daher nach unserer Ansicht bei der Erschließung der kommenden Neubaugebiete Regenwasserspeicher zum Wässern der öffentlichen Grünflächen eingeplant und gebaut werden. In den zu erwartenden trockenen Sommern sollte Grundwasser nicht mehr als Gießwasser benutzt werden, da der Grundwasserspeigel in den vergangenen Jahren schon bedenklich gesunken ist.

 

Mit unserem Antrag für eine Baumschutzsatzung wollen wir alte und große Bäume erhalten. Wir wollen Bürger bei der Erhaltung ortsbildprägender Bäume unterstützen durch Zuschüsse für Pflegemaßnahmen. Für uns ist es wichtig, große Bäume zu schützen, denn diese speichern viel Kohlendioxid, spenden Schatten und reinigen die Luft. Sie bieten vielen Insekten und anderen Tierarten Lebensraum und Nahrungsquelle. Unsere Gartenvögel freuen sich über einen großen Baum. Im Hinblick auf die globale Erwärmung können Bäume die Temperatur signifikant senken. Sie sind damit nicht nur eine CO2-Senke, sondern auch für die Klimaanpassung äußerst relevant. Hier freuen wir uns darauf, im AUT die Erfahrungen anderer Kommunen mit einer solchen Baumschutzsatzung auszuwerten und zu einer für Remseck optimalen Lösung zu kommen.

 

Unser Antrag für einen Calisthenics-Park zielt auf die Gesundheit und Fitness sowie ein gutes Lebensgefühl unserer Bürgerinnen und Bürger. In einem solchen Park sollen auf einem überschaubaren Raum Fitness-Geräte unter freiem Himmel  aufgestellt werden. Wir Grünen sind der Meinung, dass dadurch den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Remseck ein niederschwelliges und attraktives Angebot gemacht wird, etwas für die Fitness zu tun. Ein weiterer Vorteil eines solchen Parks ist die Langlebigkeit und der geringe Wartungsaufwand. Des Weiteren kann ein solcher Park auch dazu dienen, der sozialen Vereinzelung, die die Corona-Zeit mit sich gebracht hat, entgegenzuwirken. Dass in Hochdorf etwas in dieser Richtung entstehen wird und auch im neuen Baugebiet „Östlich Marbacher Straße“ in Neckarrems über die Realisierung eines solches Angebotes nachgedacht wird, freut uns.

 

Während der Corona-Pandemie haben sich viele Jugendliche wegen der Lockdown-Phasen aus der aktiven Mitgliedschaft der Vereine zurückgezogen. Wir haben deshalb den Antrag gestellt, dass die Stadt Remseck den Vereinen anbietet, einen „Tag der Jugend“ auf dem Markplatz zu veranstalten. Wir stellen uns diesem Tag als „Messe“ unter freiem Himmel vor, wo die Vereine sich an kleinen Ständen vorstellen und Möglichkeiten anbieten können, in die jeweiligen Abteilungen und Angebote hineinzuschnuppern. Auch hier hat die Stadtverwaltung signalisiert, dass sie, wenn die Vereine dies unterstützen, unser Anliegen wohlwollend begleitet. Näheres wird dann im ABFS zu besprechen sein.

 

Ein attraktiver ÖPNV ist uns Grünen ein wichtiges Anliegen. Letztes Jahr hatten wir den Antrag auf eine RegioRad-Station als Ergänzung zum Stadtbussystem für die sog. letzte Meile gestellt. Wir freuen uns deshalb, dass vor kurzem die neue Pedelec-Ausleihstation in Hochberg eingeweiht wurde. Jetzt kommt es darauf an, für die Nutzung zu werben und viele Menschen von diesem Angebot zu überzeugen. Wir Grünen planen daher, in naher Zukunft einen Aktionstag zu veranstalten, an dem wir den Bürgerinnen und Bürgern diese ideale Ergänzung des öffentlichen Nahverkehrs in Remseck erklären, das Ausleihsystem erläutern und bei der Installation der sinnvollen App mit Rat und Tat zur Seiten stehen wollen.

 

Dieses Jahr haben wir einen Antrag zur Verbesserung der Linienbustaktung nach Ludwigsburg gestellt, da ein Ausbau des ÖPNV unabdingbar ist für die Erreichung der Klimaziele. In den aktuellen Busfahrplänen fahren Busse nur alle 30 Minuten von Remseck nach Ludwigsburg. Wir wollen, dass sich die Stadt in den Verhandlungen mit dem VVS über die neuen Busfahrpläne dafür einsetzt, dass in den Hauptverkehrszeiten Busse regelmäßig nicht nur zweimal in der Stunde nach Ludwigsburg fahren, sondern dreimal. Im Idealfall im 20 Minuten-Takt, so wie auch die Buslinie 402 innerhalb Remsecks. Dies betrifft die Linien 433 (von Hochdorf und Hochberg nach Ludwigsburg), 431 (von Neckarrems und Neckargröningen nach Ludwigsburg)  und 533 (von Aldingen nach Ludwigsburg). Auch hier hat die Verwaltung Zustimmung signalisiert.

 

Insgesamt erfüllt es uns mit großer Freude, dass kein einziger Antrag der Fraktion der Grünen von der Verwaltung und den anderen Fraktionen abgelehnt wurde und wir so zuversichtlich sein können, dass viele unserer Anliegen realisiert werden können.

 

 

Herausforderungen

 

Bei den vielen Herausforderungen in naher Zukunft, die ich noch nicht angesprochen habe,  möchte ich kurz erwähnen:

  • die Westrandbrücke
  • die Neue Mitte
  • eine Hallenkonzeption
  • die Energiewende
  • unsere Bildungsinfrastruktur
  • die Situation im Bereich der Geflüchteten und
  • die angespannte Personalsituation.

 

Wir hoffen, dass wir in diesem Jahr bei der Planung der Westrandbrücke ein gutes Stück vorankommen. Die Westrandbrücke ist eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen unserer Neuen Mitte. Der Anfang mit Rathaus, Stadthalle, Kubus und Marktplatz ist vielversprechend. Durch den seit einiger Zeit stattfindenden Wochenmarkt kann man erahnen, wie lebenswert einmal die Neue Mitte sein wird. Jetzt heißt es jedoch, dass bei der Planung der weiteren Teile der Neuen Mitte, beginnend mit der Westrandbrücke als verkehrliche Voraussetzung nicht nachgelassen werden darf.

 

Ausgelöst durch Mängel bei der Bürgerhalle in Hochberg haben wir eine Diskussion zu den städtischen Hallen. Wir brauchen eine Konzeption, wie es mit unseren städtischen Hallen weitergeht. Das betrifft nicht nur die Halle in Hochberg, sondern auch die Hallen in den anderen Stadtteilen.

 

Der Bildungsbereich ist ein weiteres wichtiges Thema für die nächsten Jahre. Hier geht es um  den Ausbau unserer Tageseinrichtungen für Kinder ebenso wie um den Schulbau und die Schulentwicklung, insbesondere den Ausbau der Ganztagsschulen im Bereich der Grundschulen. Eine ganz große Herausforderung, auch finanziell, wird für uns der Neubau bzw. die Sanierung des Schulcampus Aldingen mit der Wilhelm-Keil- und der Neckarschule.

 

Die meisten von uns haben vor Monaten nicht geglaubt, dass wir jetzt wieder einen Krieg in Europa haben. Das geht vielen von uns sehr nahe. Millionen Ukrainer sind auf der Flucht. Wir müssen auch in Remseck bereit sein, Flüchtlinge aufzunehmen. Das ist uns in den vergangenen Jahren ganz gut gelungen und das muss uns auch dieses Mal wieder gelingen. Unseren allergrößten Respekt wollen wir in diesem Zusammenhang der Stabsstelle Integration um Jasmine Finckh zollen. Was dieses Team in den letzten Wochen geleistet hat, ist unglaublich und verdient unseren Dank.

 

Der Krieg von Russland gegen die Ukraine führt uns jedoch auch vor Augen, wie wichtig die Energiewende ist. Wir müssen wegkommen von den importierten fossilen Energieträgern Gas, Öl und Kohle und hinkommen zu mehr erneuerbaren Energien aus heimischer Erzeugung. Es geht auch um Energiesparen und eine höhere Energieeffizienz. Wir brauchen mehr Photovoltaikanlagen. Solarenergie gehört auf jedes geeignete Dach. Wir brauchen mehr Wärmepumpen, sowohl beim Neubau als auch nach einer energetischen Gebäudesanierung. Auch Biogasanlagen sind sinnvoll, wenn sie vor allem mit Reststoffen gefüttert werden. Biogasanlagen können jedoch nicht nur Strom produzieren, sondern auch Wohngebiete mit Wärme versorgen. Das könnte auch in Remseck realisiert werden. Wir sollten daher über Wärmenetze nachdenken.

Für uns gilt bei allen kommunalen Vorhaben, dass erneuerbare Energien Vorrang haben müssen. Es gilt auch zu prüfen, ob wir zukünftig auf Gasanschlüsse in Neubaugebieten verzichten können.

 

Wir wissen um die angespannte Personalsituation. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt sind an der Belastungsgrenze angekommen. Die Arbeitsverdichtung hat aus unterschiedlichen Gründen zugenommen. Fachkräftemangel führt beispielsweise dazu, dass offene Stellen mit dringenden Aufgaben nicht besetzt werden können. In den Tageseinrichtungen für Kinder mussten wegen ErzieherInnenmangel  schon Öffnungszeiten gekürzt werden.  Wir begrüßen es daher sehr, dass die Verwaltung im Bereich der Erzieher und Erzieherinnen vermehrt ausbilden möchte. 11 zusätzliche Auszubildenden-Stellen sind deshalb im Haushaltsplan vorgesehen.

 

Zum Abschluss noch ein großes Dankeschön

 

Wir danken allen städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre geleistete Arbeit. Wir schätzen ihre Arbeit sehr. Wir bedanken uns für die sorgfältige Bearbeitung unserer Fragen und Anträge. Und wir danken der Verwaltung, insbesondere Herrn Heberle und seinem Team, für die gute Aufbereitung der Unterlagen zum Haushaltsplan und werden dem Haushaltsplan und den Wirtschaftsplänen für die Eigenbetriebe zustimmen.

 

Und daran anschließend noch eine Bitte

 

Wir stellen uns die Frage, warum wir erst zum Ende des ersten Quartals 2022 den Haushalt 2022 verabschieden? Wir regen an zu prüfen, ob wir das zukünftig wieder früher machen können.

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