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Haushaltsrede 2023

 

Stellungnahme zum Haushaltsplan 2023, Gemeinderatssitzung am 25. Mai 2023

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren

 

Die Verabschiedung eines Haushaltsplans Ende Mai ist ungewöhnlich. Wir machen das deshalb so spät, weil wir der Verwaltung und insbesondere der Finanzverwaltung genügend Zeit einräumen wollten um einen korrekten und sauberen Haushaltsplan 2023 aufstellen zu können. Allen Fraktionen schien das vor einem halben Jahr anders nicht möglich zu sein angesichts knappster Personalressourcen und daher haben wir alle für die späte Verabschiedung plädiert. Um die Verwaltung nicht zusätzlich zu belasten, hatten alle Fraktionen darüber hinaus vereinbart ausnahmsweise im Rahmen der Haushaltsberatungen keine Anträge zu stellen.

 

Angespannte Personal- und Stellensituation

Allerdings haben sich die Fraktionen, die Verwaltungsspitze und die damalige Personalratsvorsitzende bereits im Herbst zusammengesetzt um die angespannte Personalsituation ausführlich und detailliert zu beraten. Im Ergebnis hat der Gemeinderat dann bereits im Dezember für den Stellenplan 2023 insgesamt 24 neue Stellen beschlossen. Es ist erfreulich, dass davon bereits 20 Stellen besetzt werden konnten. Wir wissen um die angespannte Personalsituation und den sehr hohen Einsatz der Mitarbeitenden und hoffen daher, dass die restlichen Stellen auch noch besetzt werden können. Derzeit sind mit 38 unbesetzten Stellen 10 % der Stellen nicht besetzt. Dass es da dann in einigen Bereichen eng wird und zu einer hohen Arbeitsbelastung bei denjenigen führt, die die Arbeit derjenigen übernehmen müssen, die nicht da sind, dürfte klar sein. Ein Dauerzustand darf das nicht bleiben.

 

Mit dem Beschluss zur Stellenmehrung im Dezember hatte der Gemeinderat aber auch erklärt, dass er zur  nachhaltigen Verbesserung der Arbeitssituation und der Aufgabenerledigung in der Verwaltung eine umfängliche Aufgabenkritik für notwendig halte. In der jetzigen gemeinsamen Erklärung zum Haushaltsplan 2023 greifen wir dieses Anliegen erneut auf. In den Beratungen des Ältestenrats am 13. Juni sollten wir in dieser Sache vorankommen.

 

Realistische Ziele formulieren und Prioritäten setzen

Wir haben in den letzten Jahren viele Ziele formuliert und haben ehrgeizige Projekte: Die verschiedenen Baugebiete, die Neue Mitte, die Schulentwicklung, den EEA, den kommunalen Wärmeplan, Remseck 2035 oder Remsecks Klimaneutralität bis zum Jahr 2040.  Wir müssen uns fragen, können wir alle diese Ziele auch erreichen? Ziele müssen aus unserer Sicht realistisch erreichbar sein. Nur Ziele formulieren, möglichst auch noch ohne ein konkretes Datum zur Erreichung der Ziele zu nennen, davon halten wir nichts. Wenn es eng wird, muss man Prioritäten setzen. Müssen wir, Verwaltung und Gemeinderat gemeinsam, daher stärker Prioritäten setzen? Wir Grüne wissen, dass die Klimaneutralität im Jahr 2040 ein ehrgeiziges Ziel ist und viele Maßnahmen dazu notwendig sind. Uns Grüne ist die Klimaneutralität sehr wichtig und deshalb wollen wir am Ziel der Klimaneutralität 2040 festhalten.

 

Dass wir in einigen Bereichen inzwischen weit gegenüber dem ursprünglich vorgesehenen Zeitplan hinterherhinken, zeigt sich schon seit längerem. Dabei wissen wir, dass das natürlich nicht nur an der Stadtverwaltung hängt, sondern auch an anderen Behörden oder Büros, mit denen die Verwaltung zusammenarbeitet.

 

Beim Schulcampus Aldingen sind wir in den letzten Jahren zu langsam vorangekommen, Dabei wären Sanierung und Neubau insbesondere für die Wilhelm-Keil-Schule dringend notwendig. Wegen der Verzögerungen erregt sich Unmut in der Eltern- und Lehrerschaft, den wir nachvollziehen und verstehen können.

 

Auch im Bereich Verkehr zeigt sich der Fachkräftemangel auf allen Ebenen. Bei der Planung der Westrandbrücke sind wir nicht so weit wie wir uns das wünschen. Beim Stadtbahnausbau ist Ähnliches zu befürchten. Und wie oft wurde der Beginn der Sanierung der Hochberger Brücke schon verschoben? Dort hoffen insbesondere Radfahrer sehnlichst den Baubeginn vorbei, damit dort endlich mehr Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer kommt.

 

Fachkräftemangel

Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt sind an ihrer Belastungsgrenze angekommen. Die Arbeitsverdichtung hat aus unterschiedlichen Gründen zugenommen. Krankheitsausfälle und Fluktuation führen immer dazu, dass nicht alle Stellen besetzt sind. Immer stärker greift jetzt auch noch der Fachkräftemangel und führt dazu, dass offene Stellen mit dringenden Aufgaben nicht besetzt werden können. In den Tageseinrichtungen für Kinder mussten wegen ErzieherInnenmangel deshalb schon Öffnungszeiten gekürzt werden. Gruppen und Öffnungszeiten können nur mit der Beschäftigung von Mitarbeitenden aus der Arbeitnehmerüberlassung aufrechterhalten werden. Wir begrüßen es daher sehr, dass die Verwaltung vermehrt ausbilden möchte. Da ist die Chance groß, dass die Ausgebildeten nach ihrer Ausbildungszeit auch bei der Stadt bleiben.

 

Der Haushaltsplanentwurf sieht auch vermehrt sog. Leerstellen vor. Diese Stellen sind z.B. für Beschäftigte vorgesehen, die in Elternzeit sind. Wenn Beschäftigte in Elternzeit gehen und  z.B. erstmal „nur“ für ein Jahr eine Auszeit nehmen, dann kann die Stelle nur für ein Jahr ausgeschrieben werden. Beim derzeitigen Fachkräftemangel bewirbt sich aber kaum jemand nur für ein Jahr. Die Leerstellen bieten die Möglichkeit, Beschäftigte in Elternzeit auf eine Leerstelle zu setzen, so dass die Stelle, auf der die oder der Beschäftigte in Elternzeit bisher sitzt, unbefristet ausgeschrieben werden kann.

 

Mit Leerstellen für Azubis kann diesen eine Perspektive bei der Stadt bereits in der Ausbildung für die Zeit nach der Ausbildung gegeben werden. Wir müssen jede Schraube nutzen, um die Engpässe in der Verwaltung nicht größer werden zu lassen und versuchen, sie zu reduzieren oder wo möglich auch zu beseitigen. An dieser Stelle möchte meine Fraktion allen städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre engagierte und geleisteste Arbeit danken.

 

Wohnungsbau

Wir haben große Pläne im Wohnungsbau. Wir brauchen zusätzlichen Wohnraum und der muss auch für die Menschen bezahlbar sein. Wir haben mit den Neubaugebieten Östlich Marbacherstraße in Neckarrems, der Neuen Mitte und Wolfsbühl III vor Wohnraum für über 2000 Menschen zu schaffen. Angesichts gestiegener Baupreise und Zinsen sind wir nicht mehr so optimistisch, ob uns das auch bald gelingen wird. Immerhin ist die Stadt mit dem Bau der Kita in Wolfsbühl III in Aldingen gut vorangegangen und macht auf diesem Weg auch im Baugebiet Östlich Marbacherstraße in Neckarrems mit der in der letzten Gemeinderatssitzung beschlossen Ausschreibung eines Grundstücks für Kita und Wohnungen so weiter. Jetzt können wir nur hoffen, dass die Bauträger, Bauherren und Baufrauen mit Wohnungen bald nachfolgen.

 

In der Finanzplanung der Stadt spielen die Einnahmen aus dem Verkauf von Bauplätzen eine entscheidende Rolle, in 2023 mit knapp 3 Mio. € noch wenig, dann aber in den 3 Jahren von 2024 bis 2026 sieht die Planung rund 45 Mio. €  Einnahmen aus Bauplatzverkäufen vor, davon 31 Mio. € aus dem Baugebiet Östlich Marbacher Straße in Neckarrems und 8 Mio. € aus dem Baugebiet Bubelesäcker in Hochdorf. Angesichts gestiegener Baupreise und Zinsen hören wir immer wieder, auch aus anderen Kommunen, dass erworbene Bauplätze wieder zurückgegeben oder der Bauplatzverkauf nicht so läuft wie geplant. Wir werden sehen, wie das in der nächsten Zukunft in Remseck läuft und je nach Entwicklung auch reagieren müssen.

 

Wohnungsbau nicht um jeden Preis

Wir sind für Wohnungsneubau, aber nicht um jeden Preis. Daher sehen wir die Bemühungen der Verwaltung und der Gemeinderatsmehrheit um Realisierung des Baugebiets Bubelesäcker in Hochdorf kritisch. Den Verlust wertvoller Ackerböden können wir nicht immer nur beklagen, wenn wir über die Wichtigkeit der einheimischen Nahrungsmittelproduktion, über Klimaschutz, Artenvielfalt oder Biodiversität reden und diskutieren. Wir müssen dann auch handeln, wenn es konkret wird. So hat die Abwägung der Vor- und Nachteile z.B. in den Baugebieten „Nördlich Brunnenstraße in Hochberg, Wolfsbühl III in Aldingen oder Östlich Marbacher Straße in Neckarrems dazu geführt, dass wir Grüne für die Realisierung dieser Baugebiete sind.

 

Anders sieht es für uns in den Bubelesäcker aus. Dieses Gebiet ist für den Natur- und Landschaftsschutz, den Arten- und Biotopschutz und die Biodiversität wichtiger als die erwähnten Baugebiete. Daher hätten wir es für richtig empfunden und auch erwartet, dass die Vegetationsperiode 2023 vollständig für Beobachtung im Feld, die Erfassung der notwendigen Daten und die anschließende Fertigstellung des Artenschutzgutachten zu den Bubelesäckern abgewartet wird und danach über die Vor- und Nachteile der Bebauung dort diskutiert und entschieden wird.

 

Dass die Grundstückskäufe jetzt sogar von der Verwaltung noch vorgezogen werden, immerhin stehen jetzt 45 000 € Notarkosten in 2023 für den Grunderwerb in Bubeslesäcker im Haushaltsplanentwurf, das finden wir nicht richtig und wir können auch nicht nachvollziehen, warum die Verwaltung hier so auf’s Tempo drückt. Ein halbes Jahr mehr Zeit könnten wir uns gönnen, bei anderen Baugebieten waren es mehrere Jahre.

 

Bauplatzverkäufe und Finanzen

Bei der Ausweisung neuer Baugebiete geht es nicht nur um neuen Wohnraum oder Natur- und Landschaftsschutz, hier geht es auch um die Finanzen der Stadt. Was passiert, wenn angesichts der aktuell gestiegenen Zinsen und Baupreise die Einzahlungen von fast 50 Mio. € aus Bauplatzverkäufen nicht kommen? Aber selbst, wenn die Einzahlungen aus Bauplatzverkäufen wie geplant kommen sollten, müssen wir uns fragen, wie nachhaltig ist eine Finanzpolitik, die auf ständigen Flächenverbrauch setzt.

 

Aussicht

Die Aufgaben, die vor uns liegen, sind nicht einfach, vor allem wenn wir sie mit dem Anspruch der Nachhaltigkeit verbinden. Und das sollten wir tun.

 

Ein bißchen Optimismus möchte ich am Schluss streuen. Die erwarteten ordentlichen Ergebnisse für die nächsten Jahre weisen zwar immer ein Minus aus. Trotzdem war es noch immer so, dass jedes Jahr die tatsächlichen Jahresergebnisse besser ausgefallen sind als die Haushaltspläne. Wir sind daher optimistisch, dass das auch für das Haushaltsjahr 2023 gilt.

 

Danke

Wir danken allen, die sich mit ihrer Arbeit für die Stadtgesellschaft engagieren. Wir danken den Beschäftigten der Stadtverwaltung für Ihre geleistete Arbeit und bezüglich dem Haushaltsplan und den Wirtschaftsplänen natürlich besonders Herrn Heberle und seinem Team für die gute Aufbereitung der Unterlagen. Wir werden dem Haushaltsplan und den Wirtschaftsplänen für die Eigenbetriebe zustimmen.

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