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Besuch an der Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen

Seit vier Jahren ist die Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen bereits Gemeinschaftsschule. Am vergangenen Mittwoch hatten wir Gelegenheit, die Schule zu besuchen, uns vom Rektor und Schülern informieren zu lassen und so viele Eindrücke zu bekommen. An dieser Schule werden in absichtlich sehr gemischten (heterogenen) Gruppen Schüler unterrichtet.

Seit vier Jahren ist die Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen bereits Gemeinschaftsschule. Am vergangenen Mittwoch hatten wir Gelegenheit, die Schule zu besuchen, uns vom Rektor und Schülern informieren zu lassen und so viele Eindrücke zu bekommen. An dieser Schule werden in absichtlich sehr gemischten (heterogenen) Gruppen Schüler unterrichtet. Schüler mit Gymnasial-, Real-und Hauptschulempfehlung lernen so gemeinsam. Dabei sind einem Coach 9 Schüler zugeteilt.

 

Die wöchentliche Unterrichtszeit in der Unterstufe beträgt 32 Stunden. Ca. 24 Stunden davon sind „normaler“ Unterricht, 8 Stunden finden als IA („individuelles Arbeiten“ oder „ich arbeite“) von den Schülern selbständig organisiert statt. Die Schüler haben zum jeweiligen Stoff Lernpakete, die sie durcharbeiten müssen und ein Lerntagebuch, in dem sie selbst festlegen, was sie tun.

 

Jeden Tag nehmen sie sich bestimmte Aufgaben in Absprache mit ihrem Lernbegleiter und Coach vor. Zum gleichen Thema gibt es dann auch unterschiedliche Aufgabenniveaus, genannt 1-Stern,2 Stern und 3 Sternaufgaben. Die Schüler können selbst entscheiden, welches Niveau sie sich vornehmen, allerdings werden sie von den Coaches, sollten sie sich regelmäßig unter- oder überfordern dazu angehalten, sich Schwierigeres, in Einzelfällen auch Leichteres vorzunehmen. So kommt es regelmäßig dazu, dass als „Hauptschüler“ eingestufte Schüler eben auch sehr schwierig geltende 3-Stern-Aufgaben lösen.

 

Ja, einzelne Hauptschüler haben sich zu solchen Cracks gemausert, dass sie auch von den vermeintlich besseren Gymnasialschülern als Fachleute anerkannt werden. Friedrichsdorfs Beobachtung dabei: 70 % der Spannweite der Leistungsfähigkeit liegt schon heute innerhalb der Klassen, nur 30 % zwischen den Schularten. Dadurch, dass aber jeweils nur 9 Schüler in einer Gruppe sind, kann wesentlich individueller vorgegangen werden. In der INPUT-Phase, wenn der Lehrer seiner Gruppe etwas erklärt, ist es so schon viel schneller möglich Fragen zu stellen und Nichtverstandenes erklärt zu bekommen. Und jeder von uns, der sich schon einmal belehren ließ, hat schon festgestellt, wie wichtig für das Verständnis das eigene Tun, die Auseinandersetzung mit der Materie ist, anstelle des bloßen „sich-Berieseln-Lassens“.

 

Über die jeweiligen Lernpakete werden dann Tests geschrieben und sehr genau ausgewertet, so dass Schüler mehr wissen, als dass sie nur „gut“ oder „ausreichend“ in einem Fach sind. Bestimmte Aufgaben der Tests zeigen bestimmte Fähigkeiten der Schüler. Mit unterschiedlichen Farben werden so die Stärken und Schwächen diagnostiziert und dokumentiert. Es ließe sich noch viel zu dem äußerst interessanten Besuch in der GSS berichten. Mein Amtsblattartikel war ursprünglich doppelt so lang. Klar geworden ist uns: Gemeinschaftsschule in Tübingen bedeutet eine komplett andere Schule. Wichtigste Voraussetzung für den Erfolg ist die Heterogenität der Schüler. Das Kollegium muss überzeugt sein und diese Schulform wollen.

 

Die Stellung und Arbeit des Lehrers als Lernbegleiter oder Coach sind deutlich anders als an den herkömmlichen Schulen. Das Verhältnis zu den Schülern ist ein anderes. Aber so Friedrichsdorf: „Keiner der Kollegen will wieder weg von der Schule. Es ist zwar mehr Arbeit, aber die Tätigkeit ist für alle viel befriedigender.“ Auch die Nachfrage, an dieser Schule arbeiten zu dürfen, ist groß. Genauso bei den Schülern: die Schule wird überrannt und kann gar nicht alle 5. Klässler aufnehmen, die sich um einen Platz an der Schule bewerben. Für uns war schon der Blick in die Schule äußerst interessant und lohnend. Es ist beeindruckend, wie anders Schule sein kann!

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