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Faktencheck zum Nord-Ost-Ring

Verkehrsminister Winfried Hermann hat Befürworter und Gegner des Nord-Ost-Rings mit seinem Vorschlag, einen Faktencheck zur Verkehrssituation im Norden von Stuttgart durchzuführen, überrascht. Die Belastungen der Menschen durch vom Kraftfahrzeugverkehr erzeugten Lärm und Abgase sind in der Region Stuttgart extrem hoch und liegen teilweise deutlich über den rechtlich zulässigen Werten.

 

Auch unser Klima gerät zunehmend aus den Fugen, ein Hitzerekord jagt den nächsten, die Pflanzen verdorren. In Baden-Württemberg ist der Verkehr mit ca. 30 % an den erzeugten Treibhausgasen beteiligt, mit steigender Tendenz. Gleichzeitig wird immer deutlicher, dass mit dem Kraftfahrzeug als Regel-Verkehrsmittel die Mobilität in der Region nicht mehr gewährleistet werden kann.

Streitthema Nord-Ost-Ring

Trotzdem plant der Bund den Bau weiterer Kraftfahrstraßen in unserer Region. Der Nord-Ost-Ring steht im Bundesverkehrswegeplan zwar nicht als "dringender Bedarf", wohl aber als "weiterer Bedarf" mit Planungsrecht. Das hat die CDU dominierte Bundesregierung gegen den Willen der damals grün-roten Landesregierung beschlossen.

Für Planung und Bau wäre das Land Baden-Württemberg zuständig. Das Grün geführte Verkehrsministerium lehnt diese Planung jedoch ab. Das Staatsministerium stützt diese Position und hat bestätigt, dass aus dem Planungsrecht keine Planungspflicht erwachse. Dagegen opponiert der CDU-Teil der Landesregierung, neuerdings mit dem Argument der Luftreinhaltung in Stuttgart. Der Faktencheck kann insofern auch dem Koalitionsfrieden dienen.

Nord-Ost-Ring-Befürworter

AfD, CDU, FDP und Freie Wähler fordern als Lösung der Mobilitätsprobleme in der Region Stuttgart das, was die Mehrheit der Politiker in der Vergangenheit immer gefordert hat: Den Bau neuer Straßen. Sie sehen nicht, dass genau diese einseitig auf das Kraftfahrzeug ausgerichtete Verkehrspolitik den Verkehrskollaps auf den Straßen unseres Ballungsraums erst verursacht hat.

Unsere Position

Wir Grüne sind gegen den Nord-Ost-Ring und lassen uns dieses Projekt auch nicht als Maßnahme zur Luftreinhaltung verkaufen. Der Nord-Ost-Ring bringt - wenn überhaupt - nur eine minimale Entlastung der Stuttgarter Innenstadt, die kein Messgerät registriert und kein Mensch bemerkt. Er würde aber sicher zu einer starken Steigerung des überörtlichen Verkehrs bei uns führen und damit einhergehend zu mehr Lärm- und Schadstoffbelastung.

Außerdem: Die Realisierung des Nord-Ost-Rings würde mindestens 10, eher 20 Jahre brauchen. Die Luft in Stuttgart muss aber kurzfristig sauber und die Mobilität - auch aus Klimaschutzgründen - so schnell wie möglich durch andere Verkehrsmittel verlegt werden. Mit Planungen aus der Mitte des letzten Jahrhunderts kann man schlecht den Herausforderungen der Zukunft begegnen.

Faktencheck als Chance

Wir begrüßen den Faktencheck, wir sehen ihn als Chance und nicht als Bedrohung. Beim Faktencheck geht es nicht nur um den Nord-Ost-Ring, sondern es geht um alle verkehrlichen Möglichkeiten, die hochbelastete Stuttgarter Innenstadt ebenso zu entlasten wie die Städte in der Nachbarschaft von Stuttgart. Dabei soll gleichzeitig die Mobilität in der Region Stuttgart nachhaltig ermöglicht und möglichst noch verbessert werden. Es geht beim Faktencheck daher nicht nur um Straßenbau und den Nordostring, sondern um Mobilitätslösungen für die Region allgemein.

Wie wird der Faktencheck gemacht?

Der Faktencheck soll ein Dialogprozess in unserer Raumschaft sein mit dem Ziel, Befürworter und Gegner in einen konstruktiven Austausch zu bringen und die absehbaren Auswirkungen und Rahmenbedingungen eines möglichen Nord-Ost-Ringes zu bewerten. Befürworter und Gegner haben die Chance ihre Argumente darzulegen. Wir sind überzeugt, dass wir die besseren Argumente auf unserer Seite haben, so dass der Nord-Ost-Ring nicht kommt. Allerdings müssen wir auch überzeugend argumentieren, uns melden und engagieren. Wir sehen in diesem Faktencheck auch die Möglichkeit die Verkehrswende zu thematisieren, also weg vom Auto als Regel-Verkehrsmittel und hin zu Fuß-, Rad- und öffentlichem Verkehr. Da sind noch dicke Bretter zu bohren!

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