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Stellungnahme zum Haushaltsplan 2005

Die grüne Fraktion stimmt dem vorgelegten Haushaltsplanentwurf zu. Der Entwurf ist das gemeinsam erzielte Ergebnis der AG Haushalt, etwas besseres haben wir nicht hingekriegt. Daher hat unsere Fraktion auf Anträge verzichtet und möchte die notwendigen Veränderungen in einer Strukturdiskussion, die bald beginnen sollte, angehen.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!

 

Die grüne Fraktion stimmt dem vorgelegten Haushaltsplanentwurf zu. Der Entwurf ist das gemeinsam erzielte Ergebnis der AG Haushalt, etwas besseres haben wir nicht hingekriegt. Daher hat unsere Fraktion auf Anträge verzichtet und möchte die notwendigen Veränderungen in einer Strukturdiskussion, die bald beginnen sollte, angehen.

 

Wir wissen alle, mit nachhaltiger Finanzpolitik hat dieser Haushaltsplan nichts zu tun. Wir leben vom Ersparten, von den Rücklagen. Für einen vorschriftsmäßigen Haushalt fehlen uns 2,4 Mio. €.

 

Unsere Haushaltslage ist schwierig, aber es gibt viele Städte und Gemeinden im Land, denen geht es wesentlich schlechter. Immerhin trauen wir uns auch in 2005 einiges zu.

5 Punkte möchten wir hervorheben:

 

  • Investitionen zur Ganztagesbetreuung von Schülern an Hauptschule und Gymnasium
  • Neugestaltung des Schulhofes in Neckarrems zur Nutzung für Kinder und Jugendliche auch außerhalb der Schulzeit, eine Konsequenz aus der Sportentwicklungsplanung
  • Fortsetzung des Schuldenabbaus und keine neue Kreditaufnahme
  • Naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen für den SSB-Betriebshof, die die SSB bezahlt und zu einer Aufwertung von Natur und Landschaft und der Naherholung in Aldingen führen
  • Investitionen in einen Kunstrasenplatz in Hochdorf

Für Investitionen in die Ganztagesbetreuung an Hauptschule und Gymnasium sind in den Jahren 2005 und 2006 insgesamt fast 1,6 Mio. € veranschlagt. Dafür erwarten wir

1,4 Mio. € an Zuschüssen aus dem IZBB-Programm der Bundesregierung. Im Jahr 2005 machen die Investitionen in den Schulbau 44 % aller Baumassnahmen aus. Das zeigt, wie wichtig der Stadt Investitionen im Bildungsbereich sind.

 

Die Ganztagesbetreuung ist eine freiwillige Leistung der Stadt und für uns sehr wichtig. Diese Investitionen sind ein wichtiger Schritt hin zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie erleichtern Eltern, Kinder zu haben und gleichzeitig berufstätig zu sein. Immer mehr Frauen wollen nicht Mutter oder berufstätig sein, sie wollen beides und dabei können wir sie mit Ganztagesbetreuungsangeboten für ihre Kinder unterstützen.

 

Für uns Grüne ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schon immer wichtig, nicht erst, seit sich alle mit der demographischen Entwicklung befassen und jammern, dass wir zu wenig Kinder haben, zu wenig zukünftige Beitragszahler für unsere Sozialversicherung und Renten.

 

Und auch nicht erst seit den PISA-Studien, die zum Ergebnis gekommen sind, dass die Schüler in Deutschland auch deshalb so schlecht im internationalen Vergleich abschneiden, weil wir weniger Ganztagesschulen und weniger ganztägige Betreuung von Schülern haben als andere Länder.

 

Ein Ergebnis der PISA-Studien ist,

 

  • dass insbesondere Kinder aus benachteiligten Schichten, Arbeiterkinder und Kinder mit Migrationshintergrund schlecht abschneiden und
  • dass Ganztagesbetreuungsangebote diese Defizite, die sie von zu Hause mitbringen, ausgleichen können. Daher sind Investitionen in die Ganztagesbetreuung Investitionen für mehr soziale Gerechtigkeit - und die ist uns wichtig!

Betreuung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen erfordern neben Räumen viel, qualifiziertes und engagiertes Personal. Unsere Kinder sollen schließlich nicht aufbewahrt, sondern professionell gefördert werden. Das kostet Geld, das aus unserer Sicht bestens angelegt ist.

 

Wenn die Gesellschaft mehr Kinder will, wenn dadurch wieder mehr Beitragszahler für unsere Sozialversicherung kommen sollen, dann muß die Gesellschaft dafür auch etwas tun und Eltern nicht allein lassen. Kinder haben und erziehen ist schön, kostet aber auch Geld. Junge Familien mit Kindern oder Alleinerziehende haben meistens wenig Geld, dabei bräuchten sie es am dringendsten.

 

Sollen wir die Kosten der Ganztagesbetreuung voll die Eltern bezahlen lassen oder soll die Bürgerschaft diese gesellschaftlich wichtige Aufgabe mitfinanzieren, ggf. auch über eine Erhöhung der Grundsteuer? Gerade in Remseck sollte diese Frage schon gestellt werden dürfen. Die öffentliche Gemeinde Remseck ist arm, privat ist sie aber reich, sehr reich sogar. Bei den Städten über 10 000 Einwohner haben die Remsecker Bürger nach Metzingen und Gerlingen die höchsten Einkommen. Eine Grundsteuererhöhung von 50 Punkten kostet den Eigentümer einer Wohnung 20 bis 30 Euro im Jahr mehr, bei einem Einfamilienhaus sind es 50 bis 70 Euro mehr. Ist diese Erhöhung wirklich unzumutbar?

 

Zum Vergleich: Die jährlichen Gebühren eines Hortplatzes an der Neckarschule müssen bei einer durchschnittlichen Belegung mit 20 Kindern und einer Kostendeckung von 66 % 1 650 € betragen, bei einer Kostendeckung von 100 % wären es 2 800 Euro, also 1 150 € mehr. Das ist für viel für junge Mütter und Väter, die nicht im Geld schwimmen; die 20 bis 70 € zusätzliche Grundsteuer für die Eigentümer sind demgegenüber relativ wenig.

 

Wenn Remseck für junge Familien als Wohn- und Lebensraum im Wettbewerb mit anderen Städten weiterhin interessant beleiben will, wenn junge Familien auch in Zukunft hierher ziehen sollen, dann müssen wir Ihnen etwas bieten. Dazu gehören neben unserer Natur und Landschaft, neben Neckar und Rems, zunehmend auch Angebote im Ganztagesbetreuungsbereich.

 

Noch ein anderer Vergleich: Eine Kostendeckung von 66 % beim Hort bringt der Stadt einen jährlichen Abmangel von 20 000 € . Das ist wenig im Vergleich zu den 350 000 Euro, die die Stadt an Mehreinnahmen hätte, wenn die Grundsteuer B um 50 Prozentpunkte erhöht werden würde. Die Haushaltsstrukturkommission sollte sich auch die Frage stellen: Warum wollen wir bei der Hortbetreuung von Kindern eine Kostendeckung von 100 %, bei den Friedhofsgebühren aber nur von 60 %?

 

In der Strukturdiskussion sollten wir auch an energiesparende Investitionen beim Gebäudemanagement denken. Hier führen Investitionen langfristig zu geringeren Ausgaben z.B. bei den Heizkosten. Diese Einsparungen sind umso höher, je höher die Energiepreise sind. Und da deren Entwicklung eher nach oben als nach unten zeigt, sollten wir diesen Bereich genauer unter die Lupe nehmen. Ebenso sollten wir die Einführung einkommensabhängiger Gebühren bei Kindergärten und Jugendmusikschule prüfen.

 

Wir setzen jetzt auf die Strukturdiskussion, bei der wir in die Tiefe gehen und ohne Tabus alles auf den Prüfstand stellen müssen. Ziel müssen strukturelle Veränderungen sein. Entscheidend wird sein zu definieren, was wollen wir uns als Stadt für die Bürger leisten, was bieten wir an, was ist uns besonders wichtig, was weniger, welches sind die Prioritäten und wie wollen wir das alles finanzieren? Das sind politische Fragen und nicht nur finanzielle.

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