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Diskussion zur Grünen Gentechnik

Grüne, weiße, rote Gentechnik: wem diese Farbenlehre nicht geläufig ist, der war auf der Podiumsdiskussion im Lamm zum Thema „Brauchen wir Gentechnik in Landwirtschaft und Nahrungsmitteln?“ genau richtig. Weil die „grüne“ Gentechnik mit uns Grünen allerdings gar nichts zu tun hat, verwenden wir im Folgenden lieber den Begriff „Agrogentechnik“.

Grüne, weiße, rote Gentechnik: wem diese Farbenlehre nicht geläufig ist, der war auf der Podiumsdiskussion im Lamm zum Thema „Brauchen wir Gentechnik in Landwirtschaft und Nahrungsmitteln?“ genau richtig. Weil die „grüne“ Gentechnik mit uns Grünen allerdings gar nichts zu tun hat, verwenden wir im Folgenden lieber den Begriff „Agrogentechnik“. Bei ihr geht es um den Anbau gentechnisch veränderter Nutzpflanzen (Soja, Mais, Baumwolle, Raps, Kartoffel). Unter „weißer“ Gentechnik versteht man die biotechnologische Erzeugung von Enzymen und Lebensmittelzusatzstoffen. Die Anwendung in Medizin und Pharmazie für diagnostische und therapeutische Zwecke ist dann die „rote“ Gentechnik.

 

Brauchen wir Agrogentechnik?

Die aktuellen politischen Diskussionen sowie konkrete Fälle von Saatgutverunreinigung, die vergangenes Jahr in Remseck vorkamen, veranlassten Karl Burgmaier, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Gemeinderat und Mitglied des Ortsvorstands, dieses schwierige Thema bei einer Diskussion mit vier Podiumsteilnehmern aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten.

 

Landwirte im Dilemma

Jürgen Leutenecker von der Arbeitsgemeinschaft der landwirtschaftlichen Ortsvereine Remseck wies auf das Dilemma der Landwirte hin: „Die Erwartungen an uns Landwirte sind hoch. Wir sollen garantieren, dass die erzeugten Nahrungsmittel gentechnikfrei sind, aber der Saatgutverkäufer gibt uns keine Garantie.“ Die Gentechnik habe viele Vor- aber genauso viele Nachteile. Einige der anwesenden Landwirte beklagten die geringe Bereitschaft der Verbraucher, angemessene Preise für gute Produkte zu zahlen. Der Vorsitzende des Kreisbauernverbands, Eberhard Zucker, wies darauf hin, dass „70 % der Verbraucher keine gentechnisch veränderten Pflanzen wollen. Daran müssen wir uns orientieren.“

 

Agrogentechnik nicht nötig!

Die ethische Seite der Gentechnik betonte Dr. Clemens Dirscherl, Agrarbeauftragter der Evangelischen Kirche Deutschlands. Das Fazit seines lebhaft und überzeugend vorgetragenen Statements: „Eine Koexistenz des Anbaus von gentechnisch veränderten und normalen Pflanzen ist nicht möglich und zum heutigen Zeitpunkt nicht nötig. Wir wissen noch zu wenig, die Begleitrisiken sind zu unerforscht.“

 

Akzeptieren wir Gentechnik?

So müsse die Frage eigentlich lauten, meinte Prof. Dr. Klaus-Dieter Jany von der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel. “Wir können nicht mehr Ergebnisse vorweisen, da unsere Forschung durch permanente Zerstörung der Versuchsfelder behindert wird“, verteidigt er die Wissenschaftler. Er weist auf mangelnde Differenzierung in der öffentlichen Diskussion hin. Man müsse jeweils nach Pflanzenart, verändertem Merkmal und Anbaugebiet bewerten. Er räumte ein, dass es eine Nullkontamination nicht gäbe und dass eine Koexistenz beider Anbauformen in Baden-Württemberg mit seiner kleinräumigen bäuerlichen Struktur bei einigen Ackerkulturen schwierig sei.

 

Ein Holzweg

„Mit der Agrogentechnik befinden wir uns ökologisch und ökonomisch auf dem Holzweg. Sie ist eine nicht rückholbare Technologie. Einmal ausgebracht, ermöglicht sie keine wirkliche Wahlfreiheit mehr“, warnt Jürgen Walter, agrar- und verbraucherpolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion. Er verteidigte das bestehende Gentechnikgesetz, dass den gentechnikfreien Anbau schütze. Politisch brisant ist die Frage nach der Haftung. Nach derzeitigem Stand haftet der Verursacher. CDU, FDP und die Saatgutindustrie möchten einen Ausgleichsfonds einrichten, in den auch Steuergelder fließen sollen.

 

Der Verbraucher hat’s in der Hand

Am Ende nehmen wir ZuhörerInnen mit, dass das vorhandene Wissen noch viel zu gering ist. Mehr Forschung bei der Umweltsicherheit und Langzeitstudien mit gentechnisch erzeugten Lebensmitteln sind nötig. Umfassende Sicherheitskriterien und Schwellenwerte wären notwendig. Wie in Österreich und Italien wäre es auch für Deutschland wünschenswert, dass einzelne Regionen sich rechtlich verbindlich zur gentechnikfreien Anbauzone erklären können. Wohin soll die Landwirtschaft in Baden-Württemberg gehen? Wir Verbraucher entscheiden mit!

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